Dienstag, 19. Dezember, 2023
Am 1. Januar 2024 tritt die neue Vermittleraufsicht in Kraft. Damit verfügt die Schweiz erstmals über ein umfassendes Aufsichtsrecht im Bereich der Versicherungsvermittlung. Die revidierten Gesetzesbestimmungen betreffen alle Personen und Firmen, welche Kunden beraten und dadurch unter den Vermittlerbegriff fallen.
von Marco Baur
Die neuen Aufsichtsbestimmungen definieren als Vermittler/-innen «Personen, die im Interesse von Versicherungsunternehmen oder anderen Personen Versicherungsverträge anbieten oder abschliessen». Eine Vermittlung wird also immer dann vom Gesetz angenommen, wenn eine Beratung zum Abschluss führt und dadurch der Kunde die Prämie zahlt – sprich, am Ende ein kommerzielles Ergebnis vorliegt. Keine Vermittlung liegt indessen vor, wenn dem Kunden der blosse Nachweis zum Abschluss aufgezeigt oder diesem ein Versicherungsvergleich vorgelegt wird (z.B. Produktvergleiche durch ein Konsumenten-Magazin).
Wie im bestehenden Gesetz unterscheidet auch das revidierte VAG bzw. die AVO zwischen gebundenen und ungebundenen Vermittlerinnen und Vermittlern. Ab 2024 gilt eine natürliche oder juristische Person dann als ungebunden, wenn sie «zum Kunden in einem Treueverhältnis steht und in dessen Interesse handelt».
Die FINMA umschrieb im Herbst 2023 an ihren Vermittler-Symposien das Treueverhältnis zum Kunden u.a. wie folgt:
Wenn also eine Person bei Beratung und Abschluss von Versicherungen ausschliesslich die Kundenbedürfnisse bzw. die Kundeninteressen im Fokus hat und so gesagt vollkommen unabhängig ist, gilt sie aufgrund des dadurch entstandenen Treueverhältnisses als ungebunden.
Umgekehrt gilt die vermittelnde Person als gebunden, wenn
Gerade dieser letzte Punkt muss näher betrachtet werden. Das revidierte Aufsichtsrecht enthält keine gesetzlichen Bestimmungen, wonach diese «Einteilung» als Kriterium den Status definiert resp. regelt. Es handelt sich somit um eine von der FINMA publizierte Definition: «Dabei geht die FINMA – Stand heute – im Sinne einer Faustregel vermutungsweise davon aus, dass eine gebundene Vermittlertätigkeit dann gegeben sein dürfte, wenn Vermittlerinnen und Vermittler pro Versicherungszweig nach Anhang 1 der AVO mit einem einzigen Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten.» Anmerkung: Es gibt insgesamt 28 Versicherungszweige: 7 in der Lebensversicherung , 18 in der Schadenversicherung und 3 in der Rückversicherung.
Konkret heisst das, dass Vermittlerinnen und Vermittler immer dann gebunden sind, wenn sie pro Versicherungszweig mit nur einem Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten. Oder anders formuliert: Gebundene Vermittler und Vermittlerinnen können pro Versicherungszweig für maximal ein Versicherungsunternehmen tätig sein; sind sie für mehrere Versicherungsunternehmen tätig, gilt laut FINMA die Vermutung der Ungebundenheit.
Neu geregelt ist auch die Registerpflicht für Vermittler/-innen. Ab dem 1. Januar 2024 werden nur ungebundene Vermittler/-innen im FINMA-Register eingetragen. Gebundene Vermittler/-innen, die sich bis heute freiwillig im FINMA-Register eingetragen haben und die auch ab 2024 weiterhin gebunden bleiben, werden im FINMA-Register nicht mehr aufgeführt.
Ungebundene Vermittlerinnen und Vermittler müssen für den Registereintrag bei der FINMA die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Die Aufsichtstätigkeit wurde im revidierten VAG und der AVO konkretisiert: Ungebundene Vermittlerinnen und Vermittler werden von der FINMA beaufsichtigt, gebundene Vermittlerinnen und Vermittler stehen unter der Aufsicht der jeweiligen Versicherungsgesellschaft. Im Fokus steht immer der Kundenschutz.
Im Rahmen dieser Revision werden neu Mindeststandards für die Versicherungsbranche sowie die Vermittlerinnen und Vermittler eingeführt. Diese fokussieren die Fähigkeiten und Kenntnisse der Vermittler und Vermittlerinnen. Die neuen Vorgaben werden auch die jeweiligen Aus- und Weiterbildungen und anerkannten Zertifizierungen im Versicherungsbereich beeinflussen. Die neuen Mindeststandards sind in der ersten Jahreshälfte 2024 zu erwarten. Bezüglich Ausbildungspflicht ist diese Anforderung bis am 31. Dezember 2025 zu erfüllen. Die wiederkehrenden Weiterbildungsnachweise müssen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Mindeststandards erbracht werden.
Wichtige Fristen & Termine:
Links zur FINMA-Präsentation: Vermittler-Symposium
> Vermittler-Symposium (DE)
> Symposium des intermédiaires (FR)
> Simposio Intermediari (IT)
> Intermediaries Symposium (EN)
Über den Autor
Marco Baur ist Präsident des Vorstands der IAF Interessengemeinschaft für Ausbildung im Finanzbereich (www.iaf.ch). Weiter ist der Jurist (lic. iur. / Universität Zürich) zertifizierter Mediator der Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation (www.skwm.ch) und Mitglied des Finanzplaner-Verbands Schweiz (www.fpvs.ch) sowie des Vereins «Collaborative Law & Practice» clp Schweiz (www.clp.ch).